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Der Rabenstein |
Da, wo heute der Rabenstein sich türmt, erhob sich in jener Zeit ein prachtvolles Zauberschloss, das die gütige Fee Hiltrude bewohnte. Beim Suchen nach Kräutern fand diese den in Ohnmacht liegenden Ritter. Voll Mitleid trat sie an Seyfried heran und träufelte ihm einige Tröpflein auf die blutleeren Lippen. Seyfried schlug die Augen auf und blickte verwundert seine Retterin an, die durch diesen Blick eine herzinnige Zuneigung zu ihm faßte.- Hiltrude pflegte den Ritter auf ihrem Schlosse, bis er wieder seine Kräfte erlangt hatte. Gegenseitige Liebe vereinigte Seyfried und Hiltrude zum Lebensbunde, in dem sie sich beglückten. Vier Knabe entsprossen der Ehe, die das Glück des Familienlebens zu einem vollständigen machten. Inmitten dieses Glückes erfuhr Seyfried, daß sein todgeglaubter Vater auf einer Burg im Thayatale gefangen sei. Erfüllt von dem Wunsche, ihn zu befreien, erstürmte Seyfried mit seinen Getreuen die Burg und umarmte einige Minuten später - den Rumpf seines soeben geköpften Vaters. Wahnsinn verdunkelte den Geist des treuen Sohnes und in blinder Wut erschlug er drei seiner vor dem Schlosse spielenden Kinder. Doch als er das Schwert zum Streich auch gegen seinen jüngsten Sohn schwang, da verwandelte ein Zauberspruch der entsetzte Mutter Seyfried in Stein. So ist Seyfried, der Rabenvater, zu Stein, zum Rabenstein geworden, der heute noch rachebrütend in die Wellen der Thaya blickt. In finsteren Nächten funkelt sein Auge blutrot, häufig ist dann das Wimmern und Stöhnen seiner Kinder zu hören und der wilde Jäger hält auf seinen Luftfahrten auf dem Rabenstein gern und oft Rast. Hiltrude mit dem geretteten Kinde und dem Zauberschloss ist seither verschwunden und soll erst dann wieder zum Vorschein kommen, bis es einer frommen Jungfrau gelingen wird, den Zauberspruch von Seyfried zu bannen. |
Datum der letzten Bearbeitung / Aktualisierung: 22. August 2005 |